
Vielfältige Symptome können eine FSME-Diagnose erschweren
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Vielfältige Symptome können eine FSME-Diagnose erschweren
Besonders bei älteren Menschen verläuft die Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) oft folgenschwer – für die warmen Tage im Freien sollten sie mittels Impfung geschützt werden.
In der Hausarztpraxis kann die Diagnose einer FSME schwierig sein. Die pathogenen FSME-Viren werden fast immer durch den Stich einer infektiösen Zecke übertragen, ein großer Teil der FSME-Erkrankten erinnert sich aber nicht an einen zurückliegenden Zeckenstich.1 Auch die Symptome weisen nicht immer eindeutig auf eine FSME hin. Als Chefärztin an der Neurologischen Klinik im Krankenhaus Nordwest, Frankfurt am Main, sieht Frau Prof. Dr. Uta Meyding-Lamadé jedes Jahr mehrere FSME-Fälle. Sie erklärt, wie vielfältig sich das Krankheitsbild der FSME manifestieren kann und stellt ausgewählte Kasuistiken vor.
Senioren besonders gefährdet
Im typischerweise biphasischen Verlauf treten zunächst grippeähnliche Symptome auf. Bei einem Teil der Patienten folgt nach einem beschwerdefreien Intervall eine Entzündung der Hirnhäute, des Gehirns oder des Rückenmarks. In der zweiten Erkrankungsphase reichen die Symptome von Fieber, Kopf- und Nackenschmerzen bis hin zu neurologischen Ausfallerscheinungen.2 Die Diagnose liege laut Meyding-Lamadé vor allem dann nahe, wenn in Risikogebieten lebende Senioren neurologische Ausfälle aufweisen. Sie verbringen oft viel Zeit im Freien und können sich beim Stich einer dort lauernden Zecke mit dem FSME-Virus infizieren. Gerade bei älteren Menschen verläuft die Erkrankung aber oft besonders gravierend. 86 Prozent der Erkrankten über 75 Jahre tragen eine bleibende Schädigung des Gehirns und des Rückenmarks davon.3
Poliomyelitis-ähnliche Erscheinungen möglich
Meyding-Lamadé beschreibt den Fall eines 68-jährigen männlichen Patienten, der kurz nach einer Hernien-OP akute Lähmungserscheinungen der Extremitäten aufwies und zudem unter einer Ateminsuffizienz litt. Wie sich herausstellte, stand dieses poliomyelitis-ähnliche Syndrom jedoch nicht mit der Operation im Zusammenhang. Stattdessen hatte sich der Patient mit dem FSME-Virus angesteckt. Nach dem Ausbruch der Erkrankung kam es in der zweiten Krankheitsphase durch eine Entzündung des Rückenmarks und des Hirnstamms zu den beobachteten Lähmungserscheinungen. Trotz intensivmedizinischer Behandlung musste der Mann auch später noch in seiner Atemfunktion unterstützt werden.
Richtige Diagnose kann entscheidend sein
Beim Fall eines 63-jährigen Patienten mit akuter Halbseitenlähmung bestand zunächst der Verdacht auf einen Schlaganfall. Wegen untypischer Symptome wie Kopfschmerzen und Fieber wurde eine Lumbalpunktion durchgeführt und der Liquor untersucht. In der zweiten klinischen Phase lässt sich eine FSME durch den Nachweis spezifischer Antikörper und eine erhöhte Zellzahl im Liquor eindeutig diagnostizieren.1 Tatsächlich hatte sich der Patient drei Wochen vor der Aufnahme durch den Stich einer Zecke mit FSME-Viren angesteckt. Nach Ausbruch der Erkrankung kam es im fortschreitenden Krankheitsverlauf zu einer Gefäßentzündung in Folge dessen der Patient den Schlaganfall erlitt. „Die richtige Diagnose ist unerlässlich, denn besonders schwere Krankheitsverläufe erfordern eine spezialisierte intensivmedizinische Behandlung“, betont Meyding-Lamadé. Eine kausale Therapie steht allerdings nicht zur Verfügung, es können lediglich die Symptome einer FSME behandelt werden. Vor diesem Hintergrund ist die richtige Vorsorge besonders entscheidend.
Der beste Schutz ist die Impfung gegen FSME
Die Ständige Impfkommission (STIKO) am Robert Koch-Institut (RKI) empfiehlt die Impfung gegen FSME für alle Personen, die in FSME-Risikogebieten leben oder dorthin reisen und zeckenexponiert sind, sowie für Personen, die beruflich gefährdet sind.4 Idealerweise beginnt man mit der Immunisierung in den Wintermonaten. Doch durch die Schnellimmunisierung kann auch während der Zeckensaison noch ein zeitlich begrenzter Impfschutz aufgebaut werden. Dafür sind je nach Impfstoff zwei oder drei Teilimpfungen nötig. Auch nach einer abgeschlossenen Grundimmunisierung sollte der Impfschutz regelmäßig aufgefrischt werden.
Genauere Informationen zum Impfschema finden Sie nach Login hier.
Referenzen:
- Deutsche Gesellschaft für Neurologie: Leitlinien Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME), Stand: 01.01.2020. https://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/030-035l_S1_Fruehsommer_Men... (letzter Zugriff: 05.03.2020).
- Robert Koch-Institut: RKI-Ratgeber: Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME), Stand: 05.02.2018. Online unter http://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Merkblaetter/Ratgeber_FSME.... (letzter Zugriff: 22.05.2020).
- Kaiser R. Tick-borne encephalitis. Infect Dis Clin North Am 2008;22(3):561–75.
- Ständige Impfkommission: Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) am Robert Koch-Institut. Epid Bull 2019;34:313 – 364 | DOI 10.25646/6233.7.

Impfschema FSME
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FSME-Risikogebiete
Die aktuelle FSME-Risikokarte für Deutschland sowie Europa finden Sie hier.

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