Koronare Herzkrankheit und Angina pectoris
Definition und Einteilung1
Die koronare Herzkrankheit (KHK) ist die Manifestationsform der Atherosklerose an den Herzkranzarterien. Die stabile KHK ist im Allgemeinen durch Episoden einer reversiblen Fehlanpassung zwischen dem myokardialen Energiebedarf und der Energiebereitstellung charakterisiert. Die fehlende Energielieferung kann durch verminderten Blutfluss oder eine generelle Hypoxie bedingt sein. Diese Episoden werden üblicherweise durch körperliche Tätigkeit, Emotionen oder andere Belastungen ausgelöst und sind reproduzierbar. Mitunter können sie aber auch spontan auftreten. Klinisch sind Episoden von Ischämie/Hypoxie üblicherweise mit vorübergehenden heftigen Brustschmerzen, v. a. in der Region hinter dem Brustbein assoziiert. Dieser Schmerz, der auch als Angina pectoris bezeichnet wird, kann allerdings stark ausstrahlen (Genick, Kiefer, Schulter, Rücken oder Arm) und von sekundären Symptomen wie Kurzatmigkeit, Erschöpfung, Herzrasen, Synkopen etc. begleitet sein. Letztgenannte Symptome können einzeln oder kombiniert auftreten. Insgesamt ist die Angina pectoris also weniger als eine Krankheit, sondern mehr als das Leitsymptom der koronaren Herzkrankheit zu sehen.2
Die Belastungsangina oder auch stabile Angina pectoris wird von der American Heart Association (AHA) als „vorhersagbarer Schmerz in der Brust unter Belastung oder unter mentalem oder emotionalem Stress“ definiert.3 Demgegenüber wird die Ruheangina oder instabile Angina pectoris als „Schmerzen oder Beschwerden in der Brust, die mit erhöhter Häufigkeit oder Schwere im Ruhezustand auftreten, aber nicht zur Myokardnekrose führen“ abgegrenzt.3
Symptome der Angina pectoris
- Symptomatisches Erscheinungsbild häufig nicht analog dem Ausmaß der Krankheit => Zuordnung eines bestimmten Falles zu einem Subtyp der Angina pectoris oft unmöglich
- Stabile KHK beinhaltet auch stabilisierte, oft asymptomatische Phasen, die sich an ein akutes Koronarsyndrom (ACS) anschließen, und der lange nicht bemerkbare präsymptomatische Zustand der koronaren Arteriosklerose.4
Epidemiologie
- KHK gehört zu den wichtigsten Volkskrankheiten.
- Lebenszeitprävalenz von 9,3 % bei den 40- bis 79-Jährigen
- Prävalenz steigt mit zunehmendem Lebensalter (14 % bei 65- bis 84-Jährigen).2
- Leichte Senkung der Prävalenz innerhalb der letzten 10 Jahre, stabilisiert auf 250 000 Patienten mit Angina pectoris pro Jahr5
- Sterblichkeitsrate entwickelt sich proportional zu Prävalenz (nahezu konstant bei ca. 0,5 %).
- Angina pectoris betrifft Männer stärker als Frauen.
- Prävalenz bei 45- bis 54-jährigen Männern ca. 2–5 %, bei 65- bis 74-jährigen Männern 11–20 %
- Werte entsprechend für die weibliche Bevölkerung: 0,5–1 % bzw. 10–14 6
- Geschätzte Sterblichkeitsrate bei stabiler KHK pro Jahr: 1,2–2,4 %
- Inzidenz kardialer Todesfälle pro Jahr: 0,6–1,4 %
- Ursachen für einen schlechteren Verlauf sind z. B. eingeschränkte LV-Funktion, Herzinsuffizienz, eine größere Zahl erkrankter Gefäße, proximale Koronarstenosen, höherer Stenosegrad der Läsionen, ausgeprägte Ischämie, stark eingeschränkte funktionelle Kapazität, höheres Lebensalter, signifikante Depression und ausgeprägte Angina pectoris1
Diagnostik1
- Durchführung von Belastungstests zur Unterscheidung von Patienten ohne Ischämien und Patienten mit stillen, durch Belastung ausgelösten Ischämien (geringe Korrelation von Symptomatik und Schwere der KHK)
- Intensität der symptomauslösenden Belastung kann sowohl inter- und intradiurnal schwanken als auch von Stress, Umgebungstemperatur und neurohormonalen Stimulanzien zusätzlich beeinflusst werden (erschwert die Differenzierung der Angina pectoris von einem ACS).
- Zuordnung eines individuellen Falls zu bestimmtem Subtyp darf nicht nur auf klinischer Einschätzung basieren => Unterstützung durch z. B. bildgebende Darstellung des Gefäßsystems oder Ischämietestung
- Einteilung der Angina pectoris in stabile oder instabile Form für Abschätzung des weiteren Verlaufs sehr wichtig: instabile Angina pectoris verstärkt mit in näherer Zukunft auftretenden akutem kardiovaskulären Ereignis verbunden
- Drei Manifestationsformen der instabilen Angina pectoris:
1. Ruheangina (spezifische Symptome in Ruhe und für Perioden bis zu > 20 min)
2. Neu aufgetretene Angina von mittlerer bis schwerer Ausprägung
3. Schnell an Intensität und Schwere zunehmende Angina (über bis zu 4 Wochen) - Typische Untersuchungsmethoden zur Diagnostik einer stabilen KHK:
1. Koronare CT-Angiografie
2. Stress-PET mit Vasodilatator-Belastung
3. Stress-MRT mit Vasodilatator-Belastung
4. Belastungs-EKG
Quellen
- Knuuti J et al. 2019 ESC Guidelines for the diagnosis and management of chronic coronary syndromes. Eur Heart J. 2020 Jan 14;41(3):407-477
- Baer FM. Chronische koronare Herzerkrankung: Definition, Diagnostik und leitlinienkonforme Therapie. CME-Fortbildung. Der niedergelassene Arzt 11/2016
- Go AS et al. Heart disease and stroke statistics – 2014 update: a report from the American Heart Association. Circulation 2014;129(3):e28–e292
- Achenbach et al. Pocket-Leitlinie: Management der stabilen koronaren Herzkrankheit (KHK) Version 2013. DGK Deutsche Gesellschaft für Kardiologie - Herz- und Kreislaufforschung e.V. 2013
- Informationssystem der Gesundheitsberichterstattung des Bundes. Gesundheitssurvey. www.gbe-bund.de/gbe10/ergebnisse.prc_tab?fid=9779&suchstring=Angina_pect... (Stand 06.10.2017)
- Schillinger W, Hasenfuß G, Lang F (Hrsg.). Angina pectoris. In: Encyclopedia of Molecular Mechanisms of Disease. Berlin, Heidelberg: Springer 2009;90
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