Thrombosen
Definition und Einteilung
Eine Thrombose ist eine Behinderung des Blutstromes nach krankhafter Bildung eines Thrombus (Blutgerinnsel) in den Blutgefäßen. Die Ursachen sind vielfältig, können aber – nach der sogenannten Virchow-Trias – grob dreigeteilt werden:
- verlangsamter Blutfluss
- erhöhte Gerinnungsneigung
- Gefäßschäden
Lokalisationsabhängig werden venöse (meist Beine oder Becken) und arterielle Thrombosen (z.B. Schlagader, kann in den Herzkranzarterien zum Herzinfarkt führen) unterschieden.
Epidemiologie
- Inzidenz der venösen Thromboembolie (VTE): ca. 100–200/100 000 Personen
- Etwa ein Drittel der Fälle manifestieren sich als Lungenembolie.
- Nach aktueller S3-Leitlinie: Inzidenz der tiefen Venenthrombose (TVT): 90–130/100 000 Einwohner1
- Im Vergleich mit Patienten mit tiefen Beinvenenthrombosen sind Patienten mit Thrombosen der oberen Extremitäten leichter und jünger und haben seltener eine angeborene Thrombophilie, aber häufiger Tumorleiden.2
- Aktuelle Zahlen zu Thromboembolien (VITAE-Studie: Venous thromboembolism Impact Assessment Group in Europe): 1,5 Mio. tiefe Beinvenenthrombosen und Lungenembolien pro Jahr in Europa (Jährlich sterben mehr Menschen an einer Thromboembolie als an Brustkrebs, Prostatakrebs HIV/Aids und Verkehrsunfällen zusammen.)3
- Häufig VTE bei onkologischen Patienten
- Inzidenzen > 12 auf 1000 Patienten,2 u. a. durch prothrombotische Tumorwirkungen und venöse Stasen durch Raumforderungen
- Hauptrisikofaktoren für Thrombosen: Genetik, Tumorleiden, hohes Lebensalter, Adipositas; externe Triggerfaktoren: Operationen, Immobilität, Schwangerschaft2, 4
- Inzidenz der Altersgruppe > 60 Jahre: 1000–2000/100 0002
- Altersbedingte Risikoerhöhung um das 4- bis 6-Fache und Verdopplung des Thromboserisikos mit jeder Lebensdekade5
- Risiko eines thrombotischen Ereignisses steigt mit der Einnahme von Kontrazeptiva um das 2- bis 5-Fache (MW: 2,6); Tendenz besonders stark bei übergewichtigen Patientinnen (OR 23,8) vs. normalgewichtige Frauen ohne Kontrazeption2
- 3- bzw.- 5-fach erhöhtes Thromboserisiko bei Einnahme einer Pille der 2. bzw. 3. Generation im Vergleich mit Frauen ohne Hormonbehandlung
- Hohe Rezidivneigung (30 % der Patienten erleiden innerhalb der folgenden 10 Jahre ein Rezidiv.)
- Schätzungen zufolge tritt bei 7 % der Bevölkerung im Laufe des Lebens eine TVT auf.6
- 6 % der TVT-Patienten sterben innerhalb von 30 Tagen.7
- Genaue Zahlen aufgrund schwieriger Diagnosestellung unbekannt
Symptome
- Klassische Thrombosesymptome der TVT: Ödeme, Schmerzen, Spannungsgefühl, Zyanose, verstärkte Venenzeichnung
- Symptome bei ambulanten Patienten Sensitivität von 60–90 %, sind jedoch unspezifisch (viele falsch positiv!)8
- Krankheitsbilder differieren nach betroffenen Zielorganen:
Diagnose
- Startpunkt: Anamnese (vorherige Thrombosen, Operationen, Inaktivität, familiäre Belastung?)
- körperliche Untersuchung (Bsp. Beinthrombose: Seitenvergleich, Farbe, Temperatur, Krampfadern, Venen?)
- Beide Maßnahmen zu geringe Sensitivität und Spezifität für Diagnose oder Ausschluss einer Thrombose9
- Weiterführende Untersuchungsmethoden:
- Ultraschall (z. B. Kompressionssonografie bei der Beinthrombose, Dopplersonografie: visuelle und akustische Darstellung des Blutflusses, Echokardiografie: Thromben in den Herzhöhlen darstellbar)
- Laboruntersuchung (D-Dimer-Test): Nachweis von D-Dimeren im Blut (kann bei Entzündungen, Verletzungen, Schwangerschaft, Tumorerkrankungen falsch positiv sein)
- Röntgen-Phlebografie: Röntgenbild nach Kontrastmittelgabe
- MRT und CT: visuelle Darstellung von Thrombosen in der Hohlvene, den Organen und den Beckenvenen
Quellen
- Encke A et al. AWMF Leitlinien-Register Nr. 003/001. S3-Leitlinie – Prophylaxe der venösen Thromboembolie (VTE). 2., komplett überarbeitete Auflage. Stand 15.10.2015, www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/003-001.html
- Diehm C et al. Epidemiologie der venösen Thromboembolie. Gefäßchirurgie 2012;17(4):275–279
- Cohen AT et al. Venous thromboembolism (VTE) in Europe. The number of VTE events and associated morbidity and mortality. Thromb Haemost 2007;98(4):756–764
- Heit JA. Venous thromboembolism epidemiology: implications for prevention and management. Semin Thromb Hemost 2002;28(Suppl 2):3–13
- Geldhof V et al. Venous thromboembolism in the elderly: efficacy and safety of non-VKA oral anticoagulants. Thromb J 2014;12:21
- Kahn SR et al. Determinants and time cause of the postthrombotic syndrome after acute deep venous thrombosis. Ann Intern Med 2008;149(10):698–707
- White RH. The epidemiology of venous thromboembolism. Circulation 2003;107(23 Suppl 1):I4–8
- Deutsche Gesellschaft für Angiologie – Gesellschaft für Gefäßmedizin. AWMF Leitlinien-Register Nr. 065/002. Sk2-Leitlinie 2015. Diagnostik und Therapie der Venenthrombose und der Lungenembolie. Stand 10. Oktober 2015
- Wells PS. Integrated strategies for the diagnosis of venous thromboembolism. J Thromb Haemost 2007;5(Suppl 1):41–50